Predigt zur Silbernen Konfirmation - 5. Sonntag nach Trinitatis - 9. Juli 2023 - Pfarrerin Esther Böhnlein

Gnade sei mit euch und Friede von dem, der da ist, der da war und der da kommt. Amen. 

Liebe Gemeinde, liebe Silberkonfirmanden und Silberkonfirmandinnen,  

kennen Sie Markus Wolsiffer? Ehrlicherweise gehe ich nicht so richtig davon aus, dass hier jemand laut mit „ja“ antwortet, aber keine Sorge: Ich hatte so oder so vor Ihnen kurz zu erzählen, wer das ist. Markus Wolsiffer ist Journalist, Moderator und Reporter. Er arbeitet für das ZDF, seit einigen Jahren schon ist er Reporter im ZDF-Landesstudio Hessen. Über sich selbst sagt er, dass er zwar ganz gern vor der Kamera stehe, aber ihm auch das Filmdrehen selbst jede Menge Spaß machen würde. Schon in seiner Kindheit und Jugend hat er – im Rahmen seiner Möglichkeiten – daher ziemlich viel mitgefilmt, was er damals so erlebt hat. Das wiederum beschert ihm in letzter Zeit so einige Klicks auf seiner Instagram Seite. Hier zeigt er kurze zusammengeschnittene Filme, die den Schulalltag von Jugendlichen in den späten 90ern und frühen 2000er Jahren zeigen. Immer hinterlegt mit der gleichen Musik taucht man so für jeweils 45 Sekunden in eine andere Welt ein. Im ersten Moment war ich komplett schockiert darüber, wie anders diese Welt vor knapp 25 Jahren doch war, obwohl ich mich ja selbst noch daran erinnern kann. Ein paar Beispiele:  

  • Wenn Markus Wolsiffer auf jemanden seine Kamera hält, dann beginnt die gefilmte Person entweder an zu winken oder streckt die Zunge heraus.  

  • Niemand hat ein Handy in der Hand.  

  • Auf einem eingeblendeten Kassenzettel steht die DM als Währung.  

  • Eingeblendete Fernseher sind ausschließlich Röhrenmodelle. 

  • Von den Frisuren und der Mode will ich gar nicht erst anfangen.  

Die Videos von Markus Wolsiffer, sie sind eine echte Reise in die Vergangenheit. Genauso wir die Silberne Jubelkonfirmation heute: Eine Reise 25 Jahre zurück in die Vergangenheit. Dabei sind 25 Jahre selbst auf der einen Seite kein so langer Zeitraum, auf der anderen Seite scheint das Jahr 1998 unendlich weit weg zu sein.  

Reisen wir noch einmal kurz gemeinsam in das Jahr 1998:  

  • In den Packungen von Hanuta und Duplo konnte man Sticker sammeln, denn die Fußball WM fand in Frankreich statt und am Ende wurde Frankreich selbst zum Fußballweltmeister.  

  • Am 27. Oktober wurde Gerhard Schröder nach 16 Jahren Helmut Kohl zum deutschen Bundeskanzler gewählt.  

  • In den Charts lief Spice up your life von den Spice Girls, Oli P. mit Flugzeuge im Bauch, Bailando von Loona und auch die Ärzte mit ein Schwein Namens Männer konnte man hörem.  

  • Der ICE Unfall von Eschede brachte mehr als 100 Menschen den Tod. 

  • Die EU beschloss die Gemeinschaftswährung Euro einzuführen.  

Dieses Eintauchen in die Vergangenheit lässt mich staunen. Kann sich die Welt, können sich unsere Leben in 25 Jahren wirklich so drastisch verändern? Und wenn ich die kurzen Videos von Markus Wolsiffer so anschaue, dann gesellt sich gleich die nächste Frage dazu: War das Leben damals nicht ein bisschen unbeschwerter?  

Vor 25 Jahren waren Sie, liebe Silberkonfirmandinnen und -konfirmanden wahrscheinlich 13 oder 14 Jahre alt. Viel ist seither geschehen, hat sich verändert: Nicht nur in der Welt, sondern auch in ihren eigenen Leben.  

Und ich frage mich: Wie ist das gewesen, für Sie persönlich? Schulabschluss, Ausbildung, vielleicht ein Studium, Berufsanfang, Familiengründung? Vielleicht in dem ein oder anderen mit mehreren Anläufen, weil sich der Beruf doch nicht als der Traumberuf erwiesen hat oder Beziehungen zerbrochen sind. Und die Frage ist auch: Wie hat sich Gott Ihnen erwiesen? Der Konfirmandenunterricht damals war ja auch so eine Möglichkeit, diesem Gott auf die Spur zu kommen. Sie haben Geschichten von ihm gehört und Lieder strophenweise auswendig lernen müssen, in dem seine Gnade und Herrlichkeit besungen wird.  

Aber durften Sie dieser Gnade und Barmherzigkeit auch begegnen in ihrem Leben? War ihnen ihr Glaube eine Begleitung und halt, als es mal schwierig wurde, sie eine Krise durchleben mussten? Hat sich Gott als Wegbegleiter erwiesen oder ist er eine offen gebliebene Sehnsucht?  

War er Ihnen und Ihrer Familie ein Gott der Bewahrung? War er Ihnen ein Wegbegleiter? Hat er seine Hände über Sie gehalten? 

Hat Gott Ihnen Träume und Sehnsüchte geschenkt, die Ihnen Kraft gegeben haben, durch Schule und Ausbildung zu gehen? 

Hat Ihnen Gott Gemeinschaft geschenkt mit Menschen, die Sie lieben und geliebt haben? Freunde und Familie? Hat Gott Ihnen Fähigkeiten gegeben, die Sie einsetzen konnten, beruflich, aber auch privat? 

Haben Sie sich in so mancher Stunde, die schwer war, von Gott verlassen gefühlt?  

Als Sie Abschied nehmen mussten von Menschen, die Sie liebten? 

Als Sie selbst durch Mangel an Gesundheit oder andere dunkle Erfahrungen erleben mussten, dass das Leben etwas sehr Zerbrechliches ist? 

Haben Sie Gott gefragt, warum die eine oder andere Sehnsucht nicht erfüllt wurde? 

Ich frage mich noch einmal: War das Leben im Jahr 1998 nicht ein bisschen unbeschwerter? Es mag sich das ein oder andere in einem jeden Leben ereignet haben, was das Leben schwerer gemacht hat. Vielleicht ist auch alles anders gekommen, als sie es sich erdacht hatten. Sie alle bringen Ihre eigene Lebensgeschichte mit hierher.  

Das verbindet uns untereinander. Und es verbindet uns mit den Menschen, die uns vorausgegangen sind. Der Mensch ist immer gleich. Hat dieselben Träume und Hoffnungen von Glück, Liebe und Frieden. Und die gleichen Ängste von Leere, Krankheit und Tod. Und es ist eine große Sehnsucht, Gott zu schauen, um sich seiner gewiss zu sein in den guten, aber besonders auch in den schweren Tagen unseres Lebens. 

Wie also kann das funktionieren, sich dessen gewiss zu sein, dass Gott mit uns mitgeht? Ich denke, dass es eine lebenslange Aufgabe bleit, Spuren von Gott zu sammeln.  

Eine beliebte Spur von Gott ist der Blick in die Schöpfung, in Gottes Garten. Im Matthäusevangelium heißt es:  

26Seht die Vögel unter dem Himmel an: Sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen; und euer himmlischer Vater ernährt sie doch. Seid ihr denn nicht viel kostbarer als sie? Und warum sorgt ihr euch um die Kleidung? Schaut die Lilien auf dem Feld an, wie sie wachsen: Sie arbeiten nicht, auch spinnen sie nicht. Salomo in aller seiner Herrlichkeit nicht gekleidet gewesen ist wie eine von ihnen.  

Vielleicht ist das eine Idee, wie man Gott im Leben auf die Spur kommen kann. In die Natur zu schauen und zu sehen: Wow, Gott hat selbst die Blumen so bunt und schön gemacht, wie man es sich kaum vorstellen kann. Ihnen persönlich hat er in der Taufe sogar versprochen, Sie durch alles Hohe und Tiefe in Ihrem Leben zu begleiten. In Ihrer Konfirmation vor 25 Jahren haben Sie genau dazu „Ja“ gesagt. Als eine Erinnerung an diese Spur habe ich Ihnen etwas mitgebracht: Mit dem Bleistift kann man Sachen notieren, wie es im Leben von erwachsenen Menschen eben wichtig ist. Ist er einmal abgeschrieben, gibt es aber die echte Chance darauf, dass er sich in eine Sonnenblume verwandelt.  

Die zweite Spur Gottes, die besteht darin, dass Sie heute noch einmal Gottes Segen mit auf Ihren Weg bekommen. Sein Versprechen an Sie gilt ungebrochen, auch wenn das Leben vor 25 Jahren ein ganz anderes war als jetzt. Und sein Versprechen gilt immer wieder neu und es kann gut tun, sich zu so einem Jubiläum genau daran erinnern zu lassen. Gott begleitet Sie, durch alle Zeiten der Mode, von politischen oder technischen Veränderungen der Welt und durch alle Zeiten Ihres Lebens hindurch.  

Denn so spricht Gott wiederum am Ende des Evangeliums nach Matthäus: Siehe ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende. Amen.   

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.